Tabuthema Fehlgeburt

 

Viele Gründe sorgen dafür, dass Frauen über ihr Schicksal schweigen.

Ein großer Grund ist es, dass sich die Frauen häufig schämen für die empfundene eigene "Unzulänglichkeit" und für das vermeintliche Versagen bei einer der natürlichsten Sachen der Welt.

Sehr viele Frauen fühlen sich auch schuldig, meinen, sie hätten die Fehlgeburt verursacht, und sprechen daher nicht über die Fehlgeburt.   

In der heutigen nach Perfektion strebenden Leistungsgesellschaft passt dieses "Versagen" nicht ins Bild. 


Außerdem haben viele auch Angst vor der Reaktion des Gegenübers. Man hat Angst, dass dieser auch mal wieder nicht die richtigen Worte findet und die Situation für beide Seiten peinlich wird. In der Situation möchte man nicht die bekannten, ungeliebten Sätze hören wie "es war doch noch so früh", "dann probiert ihr es halt wieder", o.ä.

Man hat Angst mit anderen Augen angesehen zu werden wie beschädigte Ware oder als "anormal". Das Gefühl wie in die anderen zu sein, ist grundlegend im Menschsein verankert. Nur wer wie die Gruppe, die Herde, ist, gilt als dazugehörig. Andersartigkeit wird argwöhnisch beäugt. Viele Frauen empfinden ihr Schicksal als nicht normal, daher schweigen sie lieber-man will ja dazugehören. Dass eine Fehlgeburt eigentlich ein "normales Ereignis" ist, ist so nicht bekannt, wenn man sich zuvor noch nie mit der Thematik auseinander gesetzt hat. Würde mehr darüber gesprochen werden, würde erkannt werden, dass eine Fehlgeburt ein "normales", viele Frauen betreffendes Thema ist. Aber es wird geschwiegen- ein Teufelskreis. 

Ein wichtiger Grund für das Schweigen über die Fehlgeburt in den ersten Wochen, ist sicherlich auch der Grund, dass man das Umfeld nicht von seinem Kinderwunsch wissen lassen möchte, weil einem der Blick unter die Bettdecke zusätzlich Druck von außen dann macht. 

Vielleicht soll auch der Arbeitgeber nicht von den Kinderwunschplänen erfahren, da man berufliche Konsequenzen fürchtet. 


Verlust des Vertrauens in die eigene Identität als Frau 


Ein häufiges Phänomen. Frauen kämpfen nach einem Schwangerschaftsverlust oft mit dem Gefühl als "Frau", deren ursprünglichste Aufgabe es ist zu gebären, versagt zu haben. Eine Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes wird oft als die normalste Sache der Welt angesehen und man selber ist dann nicht in der Lage diese vermeintlich einfachste Aufgabe, die Fortpflanzung, zu erfüllen. Das kratzt bei vielen Frauen an ihrem Selbstwertgefühl.


Dabei wird oft vergessen,  wie viele Prozesse ineinandergreifen müssen, damit so etwas komplexes wie z.B. ein Mensch entstehen kann. Wenn man sich bewusst macht, was für Unwegsamkeiten allein bei der Befruchtung und Zellteilung zu überwinden sind und was stattfinden muss, ist es fast nicht zu glauben, dass es überhaupt klappt und ein Mensch, der leben kann, geboren wird. 

Und bei so einer komplizierten Arbeit können auch Fehler passieren,  die  Entwicklung stoppt dann an einer Stelle,  weil etwas "gebaut" wurde, was nicht mit dem Leben vereinbar ist. An sich eine tolle Leistung des Körpers, dennoch deswegen nicht trauriger für uns....

Es gibt natürlich auch körperliche Ursachen bei Mann und Frau, die unfruchtbarer machen und eine erfolgreiche Schwangerschaft verhindern. Eine grosse Herausforderung für beide Seiten hier nicht Selbstzweifel zu bekommen. Passt es doch nicht ins Bild unserer nach Perfektion strebenden Leistungsgesellschaft zu versagen und nicht der Norm "potent und fruchtbar" zu entsprechen. Dabei ist es so , dass jedes 10. Paar heute ungewollt kinderlos bleibt trotz Kinderwunschbehandlungen. 

Es wird oft noch vergessen,  dass Fehlgeburten ein häufiges und damit "normales" Ereignis sind. Man ist nicht alleine damit, sondern eigentlich so normal wie jede andere 3. Frau, die auch mit diesem Schicksal zu kämpfen hat.