Fehlgeburt...
...ein Wort an dem sich viele stören. Weil es das Wort "Fehler" enthält, was impliziert, dass man einen Fehler gemacht hat, Schuld ist, an dem was passiert ist.
Man kann es jedoch auch anders interpretieren:
"Eine Geburt, nach der jemand fehlt"
Was ist eine Fehlgeburt?
Von einer Fehlgeburt spricht man, wenn sich eine Schwangerschaft in den ersten 23 Schwangerschaftswochen nicht weiterentwickelt hat und das Kind gestorben ist. Die meisten Fehlgeburten treten in den ersten 12 Wochen auf. Die Statistiken über die Häufigkeit des Auftretens einer Fehlgeburt variieren je nach Quelle und gehen von etwa 12 % bis zu ca. 22%; die Dunkelziffer kann höher sein, da nicht jede Schwangerschaft und deren Verlust statistisch erfasst wurde.
So oder so sind Fehlgeburten ein recht häufiges Ereignis, von dem viele Frauen betroffen sind, auch wenn man in diesem Moment den Eindruck hat die einzige Frau zu sein, der dieser Schicksalsschlag getroffen hat.
Die meisten Schwangerschaftsverluste sind auf Faktoren zurückzuführen, die die Frau nicht kontrollieren kann. Früh in der Schwangerschaft sind genetische Probleme in 45% der Fälle der Verursacher der Fehlgeburt in den ersten 12 Wochen.
Das Risiko einer frühen Fehlgeburt infolge genetischer Fehler steigt mit:
- dem Alter- im Alter von 30 Jahren liegt das Risiko bei 20%, über 40 Jahren liegt es schon bei 50%
- medizinischen Probleme wie z.B. eine schlecht eingestellte Diabetes, hormonelle Disharmonien
- dem Lebensstil in Bezug auf Nikotin, Gewicht, Alkohol, Drogen, Fitness
"Normaler" Stress ist kein nachgewiesener Risikofaktor für einen Schwangerschaftsverlust!
Das Wiederholungsrisiko liegt nach 1 Abort bei 20%, nach 2 Aborten bei 28%.
Nach 3 Fehlgeburten werden üblicherweise weiterführende Untersuchungen in die Wege geleitet, um zu schauen, ob andere Ursachen für die Aborte verantwortlich waren.
Welche Möglichkeiten hat man nach der Diagnose "frühe Fehlgeburt"?
Ausschabung
Eine Ausschabung ist eine gynäkologische Operation, bei der die Gebärmutter mit einem stumpfen chirurgischen Instrument ausgekratzt wird, um so das Schwangerschaftsgewebe zu entfernen.
Bei der Saugkürettage entwickelt ein Gerät einen leichten Sog, durch den das abgetragene Gewebe nach der Ausschabung abgesaugt wird.
Durchgeführt wird sie ambulant und unter Vollnarkose.
Die Erfolgschancen, das alles Gewebe entfernt wird, liegen bei 98%.
Vorteile:
- schnelles, absehbares Ende der Schwangerschaft
- keine Schmerzen und Blutungen
- Obduktion des Abortmaterials oder des kindlichen Gewebes ist möglich. Jedoch kommt nur in etwa 60% der Fälle ein Ergebnis über eine eventuelle genetische Ursache dabei heraus, da sich die Zellen nicht mehr teilten oder eine besondere Genmutation vorlag, nach der in der Standardanalyse nicht gesucht wurde.
Nachteile:
- Asherman Syndrom
- Gebärmutterhalsschwäche
- seelische Schäden durch den plötzlichen Verlust des Kindes und durch den nicht durchlebten Abschiedsprozess
- Wartezeit von mindestens 1 Zyklus post-OP, damit sich das Endometrium einmal ab- und neu aufbauen kann
- Blutungen, Schmerzen, Infektionen
natürlicher Abgang
Bei einem natürlichen Abgang wird dem Körper die Zeit gegeben die nicht intakte Schwangerschaft alleine abzustoßen. Die Fruchthöhle geht mit Blutungen, Schleimhautgewebe, Koageln und perioden- oder wehenartigen Schmerzen ab. Die Schmerz- als auch Blutungsintesität fällt sehr unterschiedlich aus. Dem eigentlichen Abgang gehen häufig Schmierblutungen voraus.
Die Erfolgschance liegt bei 66 bis 91%, je nachdem welche Art von Fehlgeburt (Windei, inkompletter Abgang, verhaltene Fehlgeburt) vorlag und wie alt die Schwangerschaft war. Innerhalb der ersten 2 Wochen liegt die Chance auf einen kompletten Abgang bei 70% und nach 6 Wochen bei 81%.
Vorteile:
- Gebärmutterschonend
- ein bewusstes Abschiednehmen ist möglich, was für Frauen oftmals psychisch besser zu verkraften ist und für die weitere Trauerarbeit wichtig ist
- keine Wartezeit nach dem Abgang nötig
- viele Frauen berichten, dass dieser Weg sehr oft das durch die Fehlgeburt verloren gegangene Vertrauen in den Körper zurückgibt
Nachteile:
- unter Umständen langes Warte auf den Abgang, die Blutungen setzen häufig im normalen hormonellen 4-Wochenrhythmus ein
- das Einsetzen des Abgangs nicht planbar
- starke, transfusionspflichtiger Blutverlust bis zum Kollaps möglich 1-2%
- inkompletter Abgang, was doch noch eine Operation nötig machen
- Infektionsrisiko von 1-3%
Praktische Tipps:
- Schmerzmittel sind erlaubt und sinnvoll
- Halte dicke Wochenbetteinlagen bereit- keine Tampons!
- Habe neben der Toilette eine Auffangschale stehen, die Du beim Toilettengang unter Dich halten solltest, denn häufig geht die Fruchtblase mit viel Blut dort ab
- Achte schon im Vorfeld wegen des Blutverlusts auf eine eisenreiche Ernährung!
- Nimm kein Buscopan, denn das entspannt die Gebärmutter, sie soll aber kontrahieren; andere Schmerzmittel dürfen natürlich genommen werden
- Gehe viel spazieren, laufe Treppen, bewege dich, um die Blutung in Gang zu bringen
- Homöopathische Mittel und Tees gibt es um den Abgang anzuregen s. Links
- Nach oder während einer Fehlgeburt hast du Anspruch auf eine Hebamme! Um eine zu finden www. ammely.de
- Sei möglichst nicht alleine, denn man weiss nicht wie die Blutungen ausfallen werden und wie Dein Körper es verkraftet
- Die Blutungsmenge kann von Frau zu Frau stark variieren, sie kann von periodenstark bis deutlich mehr als das ausfallen. Um den Verlust zu kontrollieren, empfiehlt es sich die Binden leer und voll zu wiegen. Über den Tag sollten nicht mehr als 500g zusammen kommen. In der Literatur geht die Angabe über die maximal zu tolerierende Menge von 300ml bis 1l, was schon als kritisch zu bewerten ist. Empfehlenswert ist hier zu beobachten wie der Kreislauf ist und wie man sich fühlt. Ist der Allgemeinzustand schlecht, sollte ein Krankenhaus für eine Kontrolle des Kreislaufs (Volumenausgleich durch Kochsalzlösung-Infusion) und der Gebärmutter nach Plazentarückständen, die nachbluten, aufgesucht werden. Eine andere Angabe über die maximal zu tolerierende Blutungsmenge ist nicht mehr als 2 volle große Binden in 1 Stunde.
- Prostaglandine im Sperma machen den Muttermund weich, ein Orgasmus lässt die Gebärmutter kontrahieren, daher kann Sex hilfreich sein, um den Abgang anzustoßen
- Es gibt die Möglichkeit sich durch die Geburtsbegleitung "Engelsflügel" bei der Geburt begleiten zu lassen, um Beistand und hilfreiche Unterstützung in einer Ausnahmesituation zu erfahren
- Wer sein Kind fotografieren und anschauen möchte, findet hier Informationen zur "Wassermethode"
Natürliche Wege um den Abschied anzuregen:
- Hirtentäschel-Urtinktur
- Alternativ oder ergänzend: Hirtentäscheltee
- Ein gebärmutteranregendes Massageöl für deinen Bauch ist das Ut-Öl (Ingeborg Stadelmann)
- Rainfarntinktur
- Vitamin C hochdosiert, 6 Gramm (etwa ein TL voll) gut über den Tag verteilt. In dieser Dosierung regt Vitamin C indirekt die Gebärmutteraktivität an, weil es die Darmaktivität anregt-es kann zu Durchfall kommen
- Senfmehlfußbäder wirken intensiv anregend und ausleitend
- Prostaglandine im Sperma machen den Muttermund weich, ein Orgasmus lässt die Gebärmutter kontrahieren, daher kann Sex hilfreich sein, um den Abgang anzustoßen
- körperliche Bewegung
- Nestreinigungstee
natürlicher Abgang mit medikamentöser Anregung
Bei dieser Methode wird vaginal ein misoprostolhaltiges Medikament verabreicht, was dazu führt, dass sich der Muttermund aufgeht und die Gebärmutter kontrahiert.
Das Medikament hat für die gynäkologische Anwendung keine offizielle Zulassung, hat sich aber etabliert und in der Praxis bewährt.
Als wirkungsvoll haben sich 800 µm Misoprostol (4Tabletten vaginal) in Kombination mit vorbereitendem Mifepriston erwiesen.
Die Blutung unter Umständen mit Wehen setzt in der Regel nach 2-4 Stunden ein.
Die Erfolgschancen liegen je nach Art der Fehlgeburt bei 81 bis 95%.
Vorteile:
- wie beim natürlichem Abgang
Nachteile:
- das Einsetzen des Abgangs ist planbar
- starker Blutverlust bis zum Kollaps möglich
- inkompletter Abgang, der eine erneute Medikation nötig macht oder eine Ausschabung
- Infektionsrisiko von 1-3%
- als Nebenwirkung des Medikaments kann es zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Fieber und Unterbauchschmerzen kommen
Wichtig ist mir hier noch zu erwähnen, dass man unter normalen Umständen ZEIT hat! Man muss keine übereilten Entscheidungen von heute auf morgen aus dem Schockzustand treffen, wenn der Körper nicht schon Infektionsanzeichen wie z.B. Fieber, ein schlechter Allgemeinzustand und erhöhte Entzündungswerte zeigt.
Die Gebärmutter ist steril abgedichtet und man kann bis zu 3 Monaten im Normalfall mit einem toten Fötus oder Embryo leben so lange der Muttermund zu und die Fruchtblase intakt ist.
Lässt Euch bitte nicht zu einer Entscheidung drängen, wägt ab und trefft dann bewusst die Wahl. Sie ist entscheidend für Eure seelische Heilung.
Wichtig zu wissen: Ihr habt Anspruch auf die Betreuung durch eine Hebamme
Auch hier findet Ihr noch viele weitere interessante und sehr gut zusammengefasste Informationen, die Euch behilflich sein können
https://fehlgeburt.alex-yvonne.de/
Totgeburt und späte Fehlgeburt nach der 12. Woche mit stiller Geburt
Wenn das Kind bei der Geburt keine Lebenszeichen ausweist, mehr als 500g wiegt und nach der 24. Woche geboren wird, spricht man von einer Totgeburt.
Kinder, die nach der 12. Woche geboren werden und unter 500g wiegen, sind späte Fehlgeburten.
Diese Kinder müssen auf natürlichem Wege entbunden werden. Die stille Geburt wird üblicherweise im Krankenhaus eingeleitet.
Nach der Diagnose, dass das Kind nicht lebensfähig sein wird, hat man die Möglichkeit das Kind weiterzutragen oder die Schwangerschaft abzubrechen.
Zur Geburtsvorbereitung kann diese Meditation helfen.
Wenn nach der Totgeburt/Fehlgeburt Milch einschießt
Info zum Thema Abstillen nach Kindsverlust findest Du hier
Es besteht auch die Möglichkeit Muttermilch zu spenden oder in einer Universitätsklinik nachzufragen, ob sie Milch direkt annehmen.
Auch gibt es Schmuckstücke als Erinnerung, die aus Muttermilch hergestellt werden.
Cytotec/ Misoprostol
Um einen Abgang medikamentös anzuregen wurde/wird bisher Misoprostol gegeben, da es den Muttermund weich macht und Wehen anregt.
Die vorbereitende Gabe von Mifepriston (Mifegyne) erhöht die Chancen auf einen kompletten Abgang! Leider wird es meist so nicht gemacht. (https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/95732/Fruehe-Fehlgeburt-Mifepriston-plus-Misoprostol-erleichtern-Abort; https://www.ksa.ch/sites/default/files/cms/frauenklinik/docs/rl-gebs/abortbehandlung-erstes-trimenon-rl-frauenklinik-ksa.pdf)
Leider ist das "off label use" Medikament "Cytotec" 2020 in Verruf in der Geburtshilfe geraten, was zu Folge hat, dass es seit April 2021 nicht mehr importiert wird. Dadurch ist leider einer gravierenden Versorgungslücke bei der Behandlung von Fehlgeburten gekommen.
Cytotec ist nun nur noch als Infusion unter erschwerten Bedingungen zu bekommen, eine ambulante Nutzung für Zuhause nicht möglich.
Den Wirkstoff Misoprostol hat in einer viel zu geringen Dosierung von 25 Mikrogramm "Angusta" , von dem man zur gleichen benötigten Wirkung 32 Tabletten nehmen müsste!
"MisoOne" 400 Mikrogramm ist nur unter bürokratischem Aufwand von der internationalen Apotheke/Firma direkt zu bekommen, bis es da der Frau zur Verfügung steht, vergeht dann 1 Woche.
Arthotec forte (Pfizer) wird manchmal im off-label use verwendet, kann aber aufgrund des enthaltenen Diclofenac nicht in der nötigen Dosierung gegeben werden (max.2-3 Tabl). Außerdem ist auch dieses vom Markt genommen worden und von den Apotheken nicht mehr zu besorgen,
Was bleibt? Man hat aktuell keine wirklich medikamentöse Alternative um einen Abgang anzuregen, außer es gibt noch Restbestände in Klinik oder Praxis.
Ein Desaster für die Betroffenen und ein Missstand, der hoffentlich bald wieder gerade gerückt wird!
Bestattungsgesetze
Die Gesetze dazu sind sehr uneinheitlich und variieren von Bundesland zu Bundesland.
Bestattungspflicht durch die Klinik
Wenn elterliches Bestattungsrecht nicht in Anspruch genommen wurde, sind in manchen Bundesländern die Kliniken verpflichtet, für eine würdevolle Bestattung der nicht bestattungspflichtigen Kinder zu sorgen. In anderen Bundesländern sprechen die Gesetze noch von „hygienisch einwandfreier Entsorgung“.
Informationen zu den Bestattungsgesetzen der Bundesländer findet Ihr bei "Initiative Regenbogen".