Wann kann ich wieder schwanger werden?

Eine Frage, die sich fast jede beizeiten stellt. 
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, nach Fehlgeburten und induzierten Schwangerschaftsabbrüchen mindestens sechs Monate zu warten, bevor man wieder schwanger wird, um Komplikationen in der nächsten Schwangerschaft zu vermeiden. Es gibt aktuell jedoch keine validen Daten, die besagen, dass das Warten mit einer Folgeschwangerschaft das Risiko für einen erneuten Abort verringert. 

Eine große norwegische Kohortenstudie, in die etwas über 49.000 Geburten nach einem Schwangerschaftsverlust einbezogen wurden, gibt Hinweise darauf, dass ein Abstand von < 3 Monaten zwischen den Schwangerschaften im Vergleich zu einem größeren Schwangerschaftsintervall von 6 bis 11 Monaten mit einem geringeren Risiko für eine intrauterine Wachstumsretardierung (SGA) und Schwangerschaftsdiabetes sowie einem ähnlichen Risiko für eine Frühgeburt, einem überdurchschnittlichen Geburtsgewicht (LGA) sowie Präeklampsie verbunden ist (1).  

Daten aus einer Sekundäranalyse von etwas mehr als 1000 Frauen mit 1 oder 2 Aborten in der Anamnese ergaben, dass diejenigen, die innerhalb von 3 Monaten nach dem Abort wieder schwanger wurden, mit einer größeren Wahrscheinlichkeit (53% versus 36%) eine Lebendgeburt hatten als die, die länger warteten. Auch wurde auch festgestellt, dass eine erneute Schwangerschaft umso schneller eintrat, je kürzer das Zeitintervall zwischen dem Abort und dem Empfängnisversuch war (2). 


Es kann individuelle Gründen wie z.B. eine vorher notwendige, abgeschlossene Diagnostik, die noch fehlende psychische Bereitschaft oder körperliche Folgen einer Kürettage für das Warten mit einer erneuten Schwangerschaft geben. Jedoch besteht keine generalisierbare Notwendigkeit mit einer Folgeschwangerschaft nach einem Frühabort zu warten, um das Abortrisiko in dieser zu verringern. 

 

Literatur: 

1.       Tessema GA, Håberg SE, Pereira G, Regan AK, Dunne J, Magnus MC (2022): Interpregnancy interval and adverse pregnancy outcomes among pregnancies following miscarriages or induced abortions in Norway (2008-2016): A cohort study. PLoS Med.19(11):e1004129 

2.       Schliep KC, Mitchell EM, Mumford SL, Radin RG, Zarek SM, Sjaarda L, Schisterman EF (2016): Trying to Conceive After an Early Pregnancy Loss: An Assessment on How Long Couples Should Wait. Obstet Gynecol. 2016;127(2):204 

Angst in der Folgeschwangerschaft

Wer kennt sie nicht?
Die Angst vor dem Gang auf die Toilette, der ängstliche Blick auf das Toilettenpapier, nachlassende Schwangerschaftssymptome, ein Ziehen im Unterbauch- alles Trigger, die in einem die Panik und Angst vor einem erneuten Schwangerschaftsverlust aufsteigen lassen.


In Zeiten der akuten Angst

  • Stell dir die Frage, ob die Angst wirklich einen berechtigten Grund hat. Wichtig ist bei diesen aufkeimenden Ängsten im Jetzt zu bleiben und sich bewusst zu machen, dass diesen Ängste in diesem Augenblick keine begründete Ursache zugrunde liegt.  So lange man nicht blutet (und selbst das ist nur ein möglicher Hinweis), gibt es in dieser Situation kein Indiz dafür, dass die Schwangerschaft nicht intakt ist.  


  • Bringen mich diese Ängste weiter? Wird dadurch irgendetwas besser? Vermutlich nicht. Dieses Grundwissen sollte man sich immer wieder vor Augen führen. 


  • Affirmationen können helfen, sich zu vergegenwärtigen, dass die Angst in diesem Augenblick haltlos ist: "In diesem Moment gibt es keinen Beweis dafür, dass die Schwangerschaft gefährdet ist. Meinem Baby geht es gut, es wächst und gedeiht, und wird durch mich geschützt."


  • Auch tiefe, ruhige Atmung bis runter zum Kind beruhigt den Parasympathikus und lässt die Angst zur Ruhe kommen. 


  • Die Angst wird in der Schwangerschaft lange eine Begleiterin sein, und diesem Gefühl sollte man achtsam wie einer alten, wenig gemochten Bekannten begegnen, die man auf der Straße trifft. "Oh nein, die schon wieder."  Man ist sich bei dem kurzen Treffen mit ein paar gewechselten Worten höflich, distanziert begegnet, hat sich kurz wahrgenommen und sich dann alles gute gewünscht, um sich dann schnell wieder zu verabschieden und wieder seiner Wege zu gehen. "Puh, überstanden."


  • Auch können homöopathische Mittel wie Bryophyllum Globuli 3x5, Frauenmanteltee, das schützende Kraut der Frau, und Rescue Tropfen als nerven- und schwangerschaftsstärkende Helfer eingesetzt werden. 


  • Im Forum gibt es für Schwangere in der Frühschwangerschaft einen eigenen Thread, in dem sich diese über ihre Ängste austauschen und sich gegenseitig stärken können. Gerade das Aufschreiben der Gedanken, der Ängste, sorgt dafür, dass sich das Unterbewusstsein beruhigt und die Gedanken aus dem Kopf gehen.


  • Auch Ablenkung kann neben dem Austausch ein absolut probates und hilfreiches  Mittel sein, um kreisende Gedanken zu durchbrechen und dem Angststrudel zu entkommen. Sich in guten Zeiten eine Liste mit Dingen zurecht zu legen, die einem gut tun, kann hilfreich sein, damit man in Zeiten der Starre auf diese zurückgreifen kann.



Ultraschall Fetal Doppler wie z.B. der Angelsound sind oft keine gute Idee, da sie, wie auch ein Arztbesuch mit Ultraschall, nur sehr kurzfristig beruhigen. Theoretisch könnte das Herz ja kurz nach dem Abhören aufhören zu schlagen. Durch das Abhören oder die Bildgebung hat man nur eine Momentaufnahme, die eben auch nur in diesem Augenblick zeigt, dass jetzt alles in Ordnung ist. Aber was ist z.b. morgen oder in 2 Stunden? Die Gefahr, dass sich die Angst noch mehr verselbstständigt, ist groß. 

Wichtiger ist es Vertrauen in seinen Körper und das Kind zu bekommen.

Mit den ersten Kindsbewegungen wird die Angst meist besser. 


"Es ist besser, zu genießen und zu bereuen, 
als zu bereuen, dass man nicht genossen hat. "

(Giovanni Boccaccio)


Übung um die Gedanken abzulenken und zur Ruhe zu kommen, wenn die Panik aufkeimt:

Die 5-4-3-2-1 Übung

1. Nimm eine angenehme Position ein und suche Dir einen Punkt im Raum, auf dem Du
Deinen Blick ruhen lässt. Atme einige Male tief ein und aus.

2. Zähle -laut oder in Gedanken - 5 Dinge auf, die Du gerade siehst (z.B. ich sehe den Tisch, ich sehe die Lampe, usw.).

3. Wenn Du die 5 Dinge aufgezählt hast, lenke die Aufmerksamkeit auf das, was Du hören kannst und zähle auch hier 5 Dinge auf (z.B. ich höre die Vögel zwitschern, ich höre ein Auto vorbeifahren, usw.)

4. Danach lenke die Aufmerksamkeit auf das, was Du spüren kannst und nenne
5 Dinge, die Du gerade spürst (z.B. ich spüre meine Füße auf dem Boden, ich spüre
meine Hose auf der Haut, usw.).

5. Wiederhole die Schritte 2, 3 und 4, diesmal mit jeweils 4 Dingen, die Du sehen,
hören und spüren kannst. Dann geht es weiter mit 3 Dingen, 2 Dingen und
schließlich mit jeweils 1 Wahrnehmung je Kategorie (Sehen, Hören, Spüren).

Glaubensätze verändern

"Das kann auch dieses Mal nicht gut gehen, warum sollte es?"
"Alle bekommen problemlos Kinder, nur ich nicht."
"Es soll einfach nicht sein."

Die wohl größte Herausforderung in einer neuen Schwangerschaft ist es wohl 40 Wochen hoffnungs-sowie vertrauensvoll und zuversichtlich oder gar unbeschwert und freudig zu sein. Viele haben mit großen Ängsten zu kämpfen.

Ich möchte Euch eine Übung vorstellen, mit der man versuchen kann, die alten Glaubenssätze mit neuen zu überschreiben:

Schreibe im Präsenz auf, wie Du dich fühlen möchtest und wie diese Schwangerschaft für Dich sein soll z.B. zuversichtlich, wohl im eigenen Körper, hoffnungsvoll, freudig usw. Nehme dann Deinen Text als Sprachmemo auf und höre den eigenen Text immer wieder an. Fange beim Anhören an zu zählen, von 1 bis 10, dann von 2 bis 10 usw. Dadurch wird der Verstand abgelenkt, und die Worte gehen direkt ins Unterbewusstsein, das durch die neuen Glaubenssätze aufhört, gegen Dich zu arbeiten. Die neuen Sätze, von deren Richtigkeit man fest ausgehen möchte, sind nun im besten Fall dort verankert und stärken Dich.

Entspannung durch Vagusnerv-Massage

Der Vagusnerv spielt eine zentrale Rolle für unsere Entspannung und das Wohlbefinden. Stress, Angst und Anspannung, wie wir sie insbesondere in der Folgeschwangerschaft erleben, belasten unseren Alltag, doch mit gezielten Vagusnerv Massagen können wir gegensteuern.
Hier findet Ihr unterschiedlichste Übungen zur Stimulation des Vagusnervs, um Euch in Angstmomenten wieder zur Ruhe zu bringen.

Alpha- Wellen durch Musik generieren

 Alpha-Wellen sind eine spezifische Art von Gehirnwellen, die in einem Frequenzbereich von etwa 8 bis 12 Hertz (also Schwingungen pro Sekunde) auftreten. Sie werden dann aktiv, wenn wir entspannt sind. Im Momenten der Angst kann man versuchen die Alpha-Wellen im Gehirn durch das Hören von spezieller Musik mit dieser Frequenz zu triggern und sich so in einen Zustand der Entspannung zu versetzen.

Akupressur bei Angst

Durch die Akupressur des Punktes He7, der für die Beruhigung des Herzens sorgt, kann man versuchen eine Entspannung herbeizuführen. 

 
Der Druckpunkt liegt in einer Vertiefung auf der Beugefalte des Handgelenks, seitlich der tastbaren Sehne des Handbeugemuskels, vor dem Erbsenbein und ist meist leicht druckempfindlich.
Eine kräftige, kreisende Massage des Punkts mit dem Daumen oder dem Zeigefinger wirkt stark beruhigend auf die Seele und hilft sogar bei Panikattacken.
Massiere dazu den Punkt an beiden Handgelenken jeweils 30 bis 60 Sekunden lang.


"Stopp" rufen

Lautes Stopprufen und dabei kräftig mit den Händen klatschen, aktiviert unser autonomes Nervensystem und das unterbricht unser Denken. Der Kopf richtet sich auf einen neuen Reiz, um ihn auf seine Bedrohlichkeit zu prüfen. Wer mag kann dazu noch kräftig auf den Boden stampfen. Dieses Zeichen der Stärke unterstreicht den Willen, sich jetzt aus dem Grübelsumpf zu befreien. Nutze diese Pause, um die Grübelei von außen zu betrachten. Frag dich, ob dich diese Schleife nun weiterbringt. Danach sollte man sich direkt mit etwas anderem ablenken. 

Den Gedanken auf einem Bach weg schicken

Wenn sich etwas im Hirn festgesetzt hat, kann man es mit Hilfe des Geistes auch wieder los werden: Stell Dir vor, wie Du am Bach sitzt. Beobachte, wie die Blätter von einem Baum geweht werden, in das Wasser fallen und davon schwimmen. Wenn ein unliebsamer Gedanke kommt, stell dir vor, wie du ihn mit 2 Fingern von der Stirn nimmst und auf einem Blatt platzierst. Verfolge das Blatt wie es mit dem Gedanken davon schwimmt. Mit jeder Widerholung kann man besser loslassen.

Psychologische Aspekte der Folgeschwangerschaft 

Der Tod eines ungeborenen Kindes hat weitreichende Folgen für die Kindseltern als Paar sowie auf die gesamte Familiendynamik. Die Art und Weise der Trauerverarbeitung dieses Verlustes können nachfolgende Schwangerschaften stark prägen und positiv wie auch negativ beeinflussen. Im Rahmen von Folgeschwangerschaften weist der Umgang mit Frauen nach dem Verlust eines Kindes drei wichtige Themen auf (Lamb 2002):
a)Die Trauerverarbeitung während der neuen Schwangerschaft 
b)Der elterliche Umgang mit der neuen Schwangerschaft 
c)Der elterliche Bezug zum Folgekind

 

a) Die Trauerverarbeitung während der neuen Schwangerschaft 

In qualitativen Studien beschreiben alle Eltern eine anhaltende Trauererfahrung während der neuen Schwangerschaft, die mitunter die ersten Lebensjahre ihres gesunden Nachkommens umschließt, vor allem in Phasen, wenn ihr gesundes Kind seine ersten frühkindlichen Meilensteine der Entwicklung erreicht (Campbell-Jackson et al. 2014). Die Trauer während der neuen Schwangerschaft wird jedoch mitunter als Herausforderung beschrieben: Mütter wollen ihr noch ungeborenes Kind vor ihren eigenen Trauergefühlen schützen, während Väter im Zuge ihrer Trauerverarbeitung das Bedürfnis empfinden, stark bleiben zu wollen, um ihren Partnerinnen während der neuen Schwangerschaft Kraft und Halt zu bieten. Durch die Verlusterfahrung und die gemeinsam empfundene Trauer erleben die meisten Eltern eine größere emotionale Nähe mit verbesserter Kommunikation und tieferem gegenseitigen Verständnis während der neuen Schwangerschaft, wenngleich auch ihr Trauerstil unterschiedlich sein und mitunter als gegenseitig herausfordernd empfunden werden kann.

Für viele Eltern wird die Trauer auch als verwirrend erlebt, da sie sich mit der Freude auf das Neugeborene vermischt. Mütter sagen aus, dass sie sich schuldig fühlen, Momente großen Glückes zu empfinden, dass sie ein neues Kind erwarten. Gleichzeitig vermischen sich Zweifel, ob sie das Totgeborene und das folgende lebendgeborene Kind gleich lieben werden können. Mütter fühlen sich zunächst unsicher, ob durch die Bindung zu ihrem neuen Kind die Bindung zu ihrem verstorbenen Kind gebrochen werden könnte, und fürchten die Erinnerung an ihr totgeborenes Kind dadurch zu verlieren (Campbell-Jackson et al. 2014).

b)Der elterliche Umgang mit der neuen Schwangerschaft 

Die Folgeschwangerschaft ist für die werdenden Eltern dadurch geprägt, dass sie permanent in subtiler Erwartung eines negativen Ereignisses leben, was ihnen ein hohes Maß an Unsicherheit, Sorge und Angst beschert (Campbell-Jackson et al. 2014). Viele empfinden dadurch einen tiefen Respekt vor der „Fragilität“ des Lebens ihres noch ungeborenen Kindes, und gleichzeitig erleben sie einen Kontrollverlust vor potenziellen neuerlichen unvorhergesehenen Schicksalsschlägen (Campbell-Jackson et al. 2014). Auch nach der Geburt ihres vitalen Kindes erleben sich die Eltern „anders“ als alle anderen Eltern. Einerseits empfinden sie eine tiefere und nicht für selbstverständlich angenommene Dankbarkeit für die Geburt ihres gesunden Kindes. Andererseits teilen sie ihre vergangene Lebenserfahrung und Verlustgeschichte nicht gern und offen mit anderen erstmaligen Eltern, um sie vor solch bislang nicht empfundenen Leid zu bewahren.

c)Der elterliche Bezug zum Folgekind 

Nach der Geburt setzen viele Eltern weiterhin unbewusst Strategien ein, um der Gefahr zu begegnen, dass ihr Kind jeden Moment erkranken oder sterben könnte. Diese Angst erschwert die physiologische Trennung vom Kind. Mitunter kann dies auch eine eigene Bindungsschwierigkeit zum Kind während der Schwangerschaft und nach der Geburt bedeuten, die aus Angst vor Verlust zum Eigenschutz aufgebaut wird (Lamb 2002). Mütter berichten danach von Schuldgefühlen, die sie besser zu verarbeiten lernen, wenn sie ihrem Kind die Liebe und gleichzeitig Selbstständigkeit geben, sich zu entwickeln ohne jegliche Erwartungen.

Ebenso schildern Mütter die Hemmung, ihr Folgekind dem verstorbenen Kind zu bevorzugen, aus der Fantasie, dass das verstorbene Kind „vom Himmel herabschauend“ eifersüchtig auf sein Geschwister werden könnte. Das gleiche wird auch umgekehrt, dass die Eltern befürchten, dass ihr gesundes Kind eifersüchtig auf das verstorbene Geschwisterkind sein könnte, wenn dieses allzu oft kommemoriert wird (Campbell-Jackson et al. 2014).

Das „Replacement-Child-Syndrom“ beschreibt einen in der Literatur widersprüchlich behandelten psychopathologischen Zustand, bei welchem das lebendgeborene Folgekind aus elterlicher unbewusster Haltung heraus den Platz und die Identifikation des verstorbenen Geschwisterkindes einnehmen soll (Robertson und Kavanaugh 1998). Dabei überlagern sich elterliche Gefühle und Erwartungen an das verstorbene Kind, das in der Fantasie der Eltern in der idealen Version seines Selbst weiterlebt, mit den Gefühlen und Erwartungen an das lebendgeborene Folgekind, welches folglich Schwierigkeiten hat, seine eigene Persönlichkeit in allen Schattierungen frei zu entfalten.

Geprägt durch die Verlusterfahrungen der Eltern, kennzeichnet das „Vulnerable-Child-Syndrome“ den Zustand, bei welchem das Kind überdurchschnittlich mehr Schutz und Pflege erfährt, um vor Gefahren bewahrt zu werden. 

Quelle:  Der späte intrauterine Fruchttod - Die Geburtshilfe - springermedizin.de